"Es sind nicht die Gene"
Interview mit Longevity-Pionier Dr. Eisen
In diesem Interview sprechen wir mit Dr. Eisen, einem Pionier auf dem Gebiet der Langlebigkeit und ärztlichen Direktor des MyMayrMed Resorts. Mit fast drei Jahrzehnten Erfahrung im Bereich der Präventivmedizin und Anti-Aging teilt er seine Ansichten über die entscheidende Rolle eines gesunden Lebensstils für ein langes Leben. Er gewährt Einblicke in seine persönlichen Gesundheitsroutinen, spricht über die neuesten Entwicklungen in der Longevity-Forschung und gibt wertvolle Tipps für all jene, die ihre Lebensdauer auf gesunde Weise verlängern möchten.
"Wir wissen heute, dass die Lebensführung 70 - 80% des möglichen Erfolges ausmacht. Es kann sich heute keiner mehr herausreden, dass es an den Genen liegt. - Dr. Eisen"
Herr Dr. Eisen, Sie beschäftigen sich seit über zwei Jahrzehnten mit dem Thema Langlebigkeit. Was fasziniert Sie besonders an diesem Forschungsbereich?
Es sind schon fast drei Jahrzehnte! - Wahnsinn wie die Zeit vergeht… Bereits während meines Studiums habe ich mich immer wieder gefragt, warum die 50-Jährige mit einem Herzinfarkt oder der 60-Jährige mit einem Schlaganfall auf Station liegt. Daraus entstand das Interesse an Prävention und später Anti-Aging. Das Faszinierende an diesem Forschungsbereich ist die Tatsache, dass die Bedeutung eines gesunden Lebensstils über die Jahre betrachtet immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Galt vor 30 Jahren noch die Meinung, dass es 10 bis 20% sind, wissen wir heute, dass die Lebensführung bis zu 70 - 80% des möglichen Erfolges ausmacht. Es kann sich heute keiner mehr herausreden, dass es an den Genen liegt, wenn er oder sie an Zivilisationskrankheiten leiden.
Können Sie uns erzählen, wie Sie zuerst auf das Feld der Langlebigkeit gestoßen sind und was Ihre ursprüngliche Inspiration war, in diesem Bereich zu forschen?
Während meiner Zeit als Assistenzarzt habe ich bereits 1988/89 ein Longevity-Programm entwickelt, das v.a. auf gesunder Ernährung und sportlicher Betätigung beruhte. Dieses Programm habe ich dann verschiedenen Hotels vorgestellt, die aber alle kein Interesse hatten. Die Zeit war noch nicht reif für Medical Wellness, wie man es heute nennen würde. 1997 habe ich dann eines der ersten Anti-Aging-Center Deutschlands in meinen Praxisräumen in Bad Griesbach gegründet. Zu Beginn war es eine Partnerschaft mit Antox in München, gegründet von Dr. Bieger, der später das Labor Labs4more aufgebaut hat. Damals ging es bereits um die Bestimmung des biologischen Alters mit Hilfe des Age Scan, Messung des Oxidativen Stresses und des Hormonprofils, sowie Knochendichtemessung. Auf Basis der Ergebnisse wurde dann ein individuelles Programm für den Klienten zusammengestellt. Alles noch in den Kinderschuhen, aber der Weg für Longevity war gebahnt!
Könnten Sie uns einen Einblick in Ihre persönlichen täglichen Routinen geben, die Sie verfolgen, um Ihre eigene Gesundheit und Langlebigkeit zu fördern? Ernährung spielt eine wesentliche Rolle bei der Langlebigkeit. Gibt es bestimmte Ernährungsprinzipien, die Sie befolgen? Welche Supplements nehmen Sie regelmäßig ein, und warum?
Ich muss gestehen, dass ich, seit ich mich mit dem Thema Longevity beschäftige, schon fast alles persönlich getestet habe, was von Experten empfohlen wurde.
Eine gesunde, pflanzenbetonte Ernährung ergänze ich mit einem Fitnesstraining 3 x pro Woche, einem Höhentraining (Intervall-Hypoxie-Therapie) 3 x pro Woche und bin, bedingt durch meine beiden Hunde, täglich bei Wind und Wetter mindestens eine Stunde an der frischen Luft.
Zusätzlich nehme ich jeden Morgen und Abend eine handvoll Supplements: Es beginnt zum Frühstück mit einem flüssigen Mikronährstoffkonzentrat, Vitamin D, Magnesium, Probiotika, Omega3-Fettsäuren, antientzündlichen Pflanzenstoffen und euerem Zell Boost und endet mit Melatonin und Ashwagandha zum Schlafengehen (Anmerkung: sowohl Melatonin als auch Ashwagandha ist übrigend auch in Schlaf Gut enthalten). Ich nehme alles nur montags bis freitags und mache am Wochenende Pause. Damit vermeide ich Überdosierungen und der Körper muss auch mal ohne Unterstützung auskommen. Zusätzlich spare ich 2/7 der Kosten
Sie sind ärztlicher Direktor des My Mayr Med Resorts in Bad Birnbach, das sich auf Langlebigkeit konzentriert. Welche spezifischen Ansätze oder Therapien empfehlen Sie Ihren Gästen, um deren Lebensdauer und Gesundheit zu verbessern?
In unserem Resort gilt das Motto: Länger leben, später altern. Gäste, die nach Möglichkeiten suchen, Zivilisationserkrankungen wie Übergewicht, Burnout, Diabetes oder Fettleber vorzubeugen, bzw. bereits bestehende Gesundheitsprobleme zu reduzieren, sind bei uns richtig. Neben einer modernen Form der F.X. Mayr Kur bieten wir unser Health Management Concept an. Mit Hilfe unserer vielfältigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten können wir im Dialog mit dem Gast festlegen, welche Maßnahmen seinen Bedürfnissen und gesundheitlichen Zielen am nächsten kommt. Neben der klassischen Patientenbehandlung sind Gesundheitsoptimierung, Regenerationsverfahren und Longevity-Medizin unsere Expertise.
Unser Ziel ist es, unseren Klienten zu zeigen, wo Sie gesundheitlich aktuell stehen und den Weg in ein gesundes und vitales Leben.
Wie sehen Sie die Zukunft der Langlebigkeitsforschung? Gibt es bestimmte Entwicklungen oder Technologien, die Sie als besonders vielversprechend betrachten?
Eine der interessantesten Entwicklungen der letzten Jahre sind sicher die neuen Erkenntnisse aus der Epigenetik. Diese zeigen, wie wichtig eine gesunde Ernährung und eine regelmäßige Bewegung für unsere Langlebigkeit ist. Im My Mayr ist daher die Basis eine epigenetisch ausgerichtete Ernährung, bevorzugt vegetarisch, auf Wunsch auch vegan.
Nicht zuletzt durch Forscher wie David Sinclair oder Biohacker wie Bryan Johnson erfahren wir fast täglich neue Ergebnisse aus der Longevity-Forschung. Es wird sicher in den nächsten Jahren Technologien und Therapiemöglichkeiten geben, von denen wir heute nur träumen können. Eine der wichtigsten Regeln lautet: Altern ist ein beeinflussbarer Prozess und kein Schicksal! Altern lässt sich somit mit radikalen Maßnahmen bekämpfen.
Was würden Sie Personen empfehlen, die ihre Lebensdauer gesund verlängern möchten? Gibt es bestimmte Gewohnheiten oder Interventionen, die Sie als besonders wirksam ansehen?
Wer lange leben will, darf vorher nicht sterben. Daher ist die wichtigste Maßnahme für ein langes Leben, den eigenen Lebensstil zu optimieren. Die wichtigste Basis jeder Gesundheitsmaßnahme muss eine sinnvolle Ernährung sein. Wir wissen heute, dass eine optimale Ernährung für die Gene eine Kombination aus mediterraner Kost (Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Olivenöl, Omega-3-Fettsäuren aus Fisch) und den Epi-Foods aus Asien (grüner Tee, Kurkuma, Kohlsorten und Tofu) ist. Mit dieser Ernährung können nicht nur unzählige Langlebigkeitsgene aktiviert werden, sondern sie wirkt auch antioxidativ und antientzündlich. Treibt man dann noch täglich 30 min Sport und pflegt soziale Kontakte, hat man schon sehr viel für seine Langlebigkeit getan.
Gibt es etwas, das Sie unserem Publikum auf den Weg geben möchten, sei es eine Lebensweisheit, eine wissenschaftliche Erkenntnis oder eine persönliche Anekdote?
Eine der wirkungsvollsten Anti-Aging-Methoden, die gleichzeitig Geld spart, ist das Dinner Cancelling. Hierbei wird einfach das Abendessen weggelassen und an diesem Tag nur Frühstück und Mittagessen zu sich genommen. Durch diese Nahrungsrestriktion werden nicht nur Fettpolster geschmolzen, sondern auch nächtliche Reparaturmechanismen stimuliert. Es ist wie eine kleine Inspektion beim Auto, abends geht Ihr Körper in die Werkstatt und kommt morgens wieder frisch und munter heraus. Langfristig verbessert und verlängert eine leichte Kalorienrestriktion um 10 bis 15% des Gesamtkalorienverbrauchs unser Leben.
Eine kleine Anekdote hätte ich noch zum Schluss: Prof. Johannes Huber, ein bekannter Anti-Aging-Arzt aus Wien, wurde bei einer Fortbildung von einem Kollegen gerügt, dass die ganzen Mittelchen, die der Professor zuvor empfohlen hatte, noch gar nicht durch Studien vollständig geprüft seien. Professor Huber entgegnete dem Kollegen in seinem Wiener Schmäh, dass er gerne noch die Jahre bis zur endgültigen Prüfung abwarten könne, er aber wahrscheinlich, dann keine mehr brauchen würde…