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ADHS & Konzentration

ADHS und Konzentrationssteigerung: Erkenntnisse aus Dr. Andrew Hubermans Podcast

In der Episode des Huberman Lab Podcasts vom 13. September 2021 widmet sich der renommierte Neurowissenschaftler Dr. Andrew Huberman dem Thema Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und der Verbesserung von Fokus und Konzentration. Diese umfassende Zusammenfassung bietet wertvolle Einblicke für Menschen mit ADHS sowie für alle, die ihre Konzentrationsfähigkeit verbessern möchten.

ADHS verstehen: Mehr als nur Konzentrationsmangel

Dr. Huberman räumt mit gängigen Mythen über ADHS auf. Entgegen der landläufigen Meinung ist ADHS nicht einfach eine Unfähigkeit, sich zu konzentrieren. Menschen mit ADHS können oft hyperfokussiert auf Aufgaben sein, die sie als interessant empfinden. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, die Aufmerksamkeit auf weniger stimulierende, aber notwendige Aktivitäten zu richten. Wichtige Aspekte:

 

  1. Die genetische Komponente von ADHS.
  2. Auswirkungen auf Zeitwahrnehmung und Organisation.
  3. Die Rolle von Dopamin bei der Aufmerksamkeitsregulation.

Die Neurobiologie von ADHS: Ein Dopamin-Puzzle

ADHS hat seine Wurzeln tief in der Neurochemie unseres Gehirns. Im Zentrum steht dabei der Neurotransmitter Dopamin, der maßgeblich an der Regulierung von Aufmerksamkeit, Motivation und Belohnung beteiligt ist. Bei Menschen mit ADHS funktioniert dieses dopaminerge System anders:

 

  1. Geringere Dopaminverfügbarkeit in bestimmten Hirnregionen.
  2. Veränderungen in der Dichte und Sensitivität von Dopaminrezeptoren.
  3. Unregelmäßigkeiten in den neuronalen Netzwerken, die Aufmerksamkeit steuern.

Diese neurobiologischen Unterschiede erklären, warum Menschen mit ADHS oft Schwierigkeiten haben, sich auf weniger stimulierende Aufgaben zu konzentrieren, während sie bei interessanten Aktivitäten in einen Zustand des Hyperfokus geraten können.

Der digitale Tsunami: Wie Smartphones unser Gehirn umprogrammieren

In unserer hypervernetzten Welt sind Smartphones allgegenwärtig - und sie verändern die Art und Weise, wie unser Gehirn arbeitet. Dr. Huberman präsentiert alarmierende Studien:

 

  1. Jugendliche, die ihr Smartphone mehr als 60 Minuten täglich nutzen, zeigen signifikant höhere Raten von Unaufmerksamkeit.
  2. Erwachsene, die mehr als zwei Stunden täglich am Smartphone verbringen, riskieren ähnliche Aufmerksamkeitsdefizite.

Diese "digitale ADHS" betrifft nicht nur Menschen mit diagnostizierter ADHS, sondern zunehmend die breite Bevölkerung. Der ständige Strom von Benachrichtigungen, die endlosen Scroll-Möglichkeiten und der schnelle Kontextwechsel in Apps überfordern unser Aufmerksamkeitssystem und trainieren es auf kurze, intensive Dopamin-Schübe.

Strategien zur Verbesserung des Fokus

Dr. Huberman bietet konkrete Lösungen an, darunter:

  1. Eine 17-minütige Meditationspraxis zur Verbesserung der Konzentration.
  2. Die Bedeutung von Augenbewegungen und Blinzelraten für die Aufmerksamkeit.
  3. Wie körperliche Bewegung die kognitive Leistung steigern kann

Die Rolle der Ernährung bei ADHS

Dr. Huberman betont die Bedeutung der Ernährung bei der Behandlung von ADHS:

 

  1. Elimination einfacher Zucker kann positive Effekte haben.
  2. Omega-3-Fettsäuren, insbesondere EPA und DHA, können die Aufmerksamkeit modulieren.
  3. Phosphatidylserin zeigt vielversprechende Ergebnisse. Studien zeigen, dass 100mg-200mg täglich über zwei Monate die Symptome von ADHS bei Kindern reduzieren können. Die Wirkung wird durch die gleichzeitige Einnahme von Omega-3-Fettsäuren verstärkt.

Medikamentöse Behandlung von ADHS: Chancen und Risiken

Die medikamentöse Behandlung von ADHS, insbesondere mit Stimulanzien wie Methylphenidat (Ritalin) oder Amphetamin-Derivaten (Adderall), kann für viele Betroffene eine deutliche Verbesserung der Symptomatik bewirken. Diese Medikamente erhöhen die Verfügbarkeit von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn, was zu einer verbesserten Konzentrationsfähigkeit, reduzierter Impulsivität und gesteigerter Aufmerksamkeitsspanne führen kann. Viele Patienten berichten von einer signifikanten Verbesserung ihrer Lebensqualität, besseren schulischen oder beruflichen Leistungen und stabileren sozialen Beziehungen. Allerdings können diese Medikamente auch Nebenwirkungen verursachen, darunter Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und in seltenen Fällen kardiovaskuläre Probleme. Zudem besteht bei einigen Präparaten ein Abhängigkeitspotenzial. Es ist daher unerlässlich, die Entscheidung für eine medikamentöse Therapie sorgfältig mit einem Arzt abzuwägen. Dieser kann individuelle Faktoren wie Alter, Schweregrad der Symptome und mögliche Begleiterkrankungen berücksichtigen, um die optimale Behandlungsstrategie zu entwickeln. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen und offene Gespräche über die Wirkung und eventuelle Nebenwirkungen sind wichtig, um die Therapie bei Bedarf anzupassen und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.

Praktische Tipps zur Konzentrationssteigerung

Für alle, die ihre Konzentration verbessern möchten, bietet Dr. Huberman folgende Empfehlungen:

  1. Regelmäßige Meditationspraxis, selbst kurze Sitzungen können effektiv sein
  2. Bewusstes Training der visuellen Aufmerksamkeit durch Fokussierungsübungen
  3. Reduzierung der Smartphone-Nutzung
  4. Ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung
  5. Erwägung von Nahrungsergänzungsmitteln wie Omega-3 und Phosphatidylserin nach Rücksprache mit einem Arzt

Fazit: Ein ganzheitlicher Ansatz für bessere Konzentration

Dr. Hubermans Podcast bietet einen umfassenden Einblick in die Komplexität von ADHS und Konzentration. Für alle, ob mit oder ohne ADHS-Diagnose, unterstreicht Dr. Huberman die Bedeutung eines bewussten Umgangs mit digitalen Medien, regelmäßiger körperlicher Aktivität und ausreichend Schlaf. Die vorgestellten Konzentrationstechniken und Supplementierungsoptionen können als Werkzeuge verstanden werden, um die eigene kognitive Leistungsfähigkeit zu optimieren. Letztendlich ermutigt Dr. Huberman dazu, die eigenen Stärken zu erkennen und zu nutzen. Menschen mit ADHS verfügen oft über besondere Fähigkeiten wie Kreativität und die Fähigkeit zum Hyperfokus. Der Schlüssel liegt darin, diese Eigenschaften gezielt einzusetzen und gleichzeitig Strategien zu entwickeln, um die Herausforderungen zu meistern. In einer Welt, die zunehmend von Ablenkungen geprägt ist, ist die Fähigkeit zur fokussierten Aufmerksamkeit eine wahre Superkraft. Mit den richtigen Werkzeugen und Strategien können wir alle lernen, diese Kraft zu kultivieren und zu stärken.

 

Quelle: Huberman Lab Podcast, Episode vom 13. September 2021: YouTube

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